Andacht

 

Gedanken zum Monatsspruch März  aus dem Kirchenbrief der Blumhardt Kirchengemeinde von Dr. Gregor Ebneth

 

„Wenn bei dir ein Fremder in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken.“ Levitikus 19, 33 (E)



Ja, es ist unbestreitbar, es sind viele – sehr viele – um Asyl bittende Menschen in unserem Lande und angesichts der unfassbar schlimmen und abscheulichen Gewalttaten islamistischer Attentäter in Magdeburg, Aschaffenburg, München – um nur einige Attentatsorte zu nennen – ist die Stimmung Asylanten und Migranten – also Fremden, die überwiegend wegen Not, Elend, Unfreiheit ihre Heimat verlassen – gegenüber am Kipppunkt: Die anfängliche Willkommenskultur ist Vergangenheit, ausländerkritische, gar –feindliche Stimmen werden lauter, gestärkt von den abscheulichen Attentaten.

Und hier müssen wir genau unterscheiden: Ja, es gibt sie, die verblendeten islamistischen Attentäter, sie müssen im Vornherein erkannt und an der Umsetzung ihrer Pläne gehindert werden, aber es gibt auch die vielen um Asyl bittenden Menschen, die es nicht verdient haben wegen der einzelnen Attentäter in ihrer Gesamtheit diskriminiert und verachtet – also unterdrückt – zu werden.

 

Rufen wir es uns in Erinnerung zurück: Gott hat uns beschenkt, mit dem Leben, mit dieser Schöpfung, mit Liebe und Freundschaft, all das, was niemand von sich aus erschaffen kann. Beschenkt mit mancher Rettung aus großer Not und beschenkt damit, dass wir in einem Land leben dürfen, in dem wir relativ viel Freiheit, Gerechtigkeit und soziale Rücksichtnahme erfahren dürfen. So auch mit den Fremden – den Asylanten, Migranten – umzugehen, das wäre die Weitergabe dieses Geschenks.

 

Und das bedeutete einen Mentalitätswechsel, weg von der Mentalität, immer nur zu kurz gekommen zu sein, weg von der Mentalität permanenter Unzufriedenheit, hin zur Einsicht, mit vielem völlig unverdient beschenkt zu sein, und das beginnt bereits mit dem Leben selbst. Beschenkte Menschen sind Menschen, die Freude und Liebe weitergeben können. Aber bei Menschen, die das Gefühl haben, zu kurz gekommen zu sein, kann kaum Zufriedenheit und Dankbarkeit aufkommen. Vielmehr wird auf Herausforderungen wie die Asylproblematik dann nur noch mit Abwehr und Ausschluss reagiert. Vermutlich sind wir bislang noch zu wenig aus einer solchen Haltung herausgekommen – die Ellenbogen sind noch oft stärker als offene Arme.

 

Einen ersten Schritt hin zu einer Gesellschaft der offenen Arme zeigt uns die Bibel auf. Ihre Botschaft an einen jeden von uns lautet: Du wirst geliebt – von Gott bedingungslos geliebt. Dies ist das Herz der Frohen Botschaft. Nämlich, dass alle Menschen von Geburt an, von Gott geliebt und ersehnt sind, unendlich erwünscht, unendlich über den Tod hinaus. Gott schenkt Leben und Liebe – allen Menschen gleichermaßen. Und aus solcher Gotteszusage heraus können wir sagen: Für die
Fremden tun wir viel, riskieren auch eigene Nachteile, im Vertrauen auf die Gottesebenbildlichkeit eines jeden Menschen.

 

Ja, wir riskieren auch eigene Nachteile, denn der Fremde hat auch Bedürfnisse, verbraucht Ressourcen – aber ich freue mich jeden Tag über die frischen Brötchen des türkischen Bäckers, ich freue mich über die iranische Kinderärztin, über den griechischen Wirt meines Lieblingslokals, über den syrischen Taxifahrer, der wegen der vielen
Umleitungen das Taximeter schließlich ausgeschaltet hat, über die vielen freundlichen und wertvollen Menschen mit fremden Wurzeln – sie sind eine wichtige Bereicherung für unser Land, sie gehören zu uns! Gott hat sie alle erschaffen, seine Liebe gilt allen Menschen – gleichermaßen.

 

Möge Sie der Segen Gottes auf all Ihren Wegen begleiten.
Ihr Gregor Ebneth